Aus ganz verschiedenen Gründen empfiehlt es sich regelmäßig Reitunterricht zu nehmen. Jeder verfolgt hierbei seine eigenen Ziele und das ist vollkommen in Ordnung. Manch einer versucht noch die Grundlagen zu erlernen, der nächste strebt konkret nach Turniererfolgen und der Dritte möchte sich einfach nur überprüfen lassen, um zu verhindern, dass sich Fehler einschleichen. Dennoch sollten wir alle, egal ob Turnierambitionen oder nicht, ein gemeinsames und übergeordnetes Kernziel haben: Die Gymnastizierung zur Gesunderhaltung unseres Pferdes. Hierzu gehört offensichtlich nicht das Reiten mit inkorrekt verschnalltem Sperriemen und in Hyperflexion. Ebenso wenig fördert es aber die Gesundheit unseres Pferdes, wenn wir es vermeintlich gut mit ihm meinen und es mit nicht existenter Zügelverbindung und weggedrücktem Rücken unter uns her latschen lassen (um mal die Klischees der Rollkur- und Ostwindreiter zu bedienen). Denn sind wir mal ehrlich, das Pferd ist nicht dafür gemacht, dass der Mensch drauf sitzt. Wir machen es aber trotzdem, weil diese wundervollen Geschöpfe uns ein unbeschreibliches Gefühl von Freiheit und Verbundenheit vermitteln, auf das wir nicht verzichten möchten. Ziemlich egoistisch eigentlich. Daher sollte ein jeder Reiter den Anspruch an sich selbst haben, so gut es geht dazu beizutragen, sein Pferd mit den erforderlichen Mitteln auszustatten (korrekter Aufbau der Muskulatur, passendes Equipment etc.) um diese Aufgabe zu bewältigen.
Nun ist Reiten ein Sport für diejenigen mit Biss. Meiner Erfahrung nach muss man als Reiter ein Stehaufmännchen sein. Wörtlich und im übertragenen Sinn. Reiten ist ein Sport, der sich nicht von heute auf morgen erlernen lässt. Reiten ist ein Sport, der einem immer wieder die eigenen Unzulänglichkeiten vor Augen führt. Es wird immer Phasen geben in denen es überhaupt nicht läuft und man den Eindruck hat, dass man sich rückläufig entwickelt oder zumindest stagniert. Reiten ist ein komplexer Sport mit viel Fehlerpotenzial. Daher brauchen wir jemanden mit mehr Erfahrung und Objektivität, der uns unterstützt.
Ich finde es schwer den richtigen Reitlehrer zu finden. Und ich meine jetzt nicht die ersten Reitstunden in der Ponyreitschule, sondern den der uns formt und uns weiter bringt. Das ganze kann im Ernstfall schon zum Scheitern verurteilt sein, wenn dem Reitlehrer das Pferd nicht gefällt, weil es meinetwegen nicht der klassische Dressurtyp ist. Oder aber der Reitlehrer fühlt sich merklich unterfordert, weil man in den kleinen Klassen reitet und ihn Unterricht ohne Traversalen und Serienwechsel langweilt.
Auch habe ich festgestellt, dass es nicht allein reicht jemanden zu finden, der absolut korrekt und nach FN-Lehrbuch unterrichtet. Ich möchte einen Trainer, der Pferd und Reiter als symbiotische Einheit und nicht jeden isoliert betrachtet. Mir hilft es nicht wirklich weiter, wenn zwar beständig mein Sitz geformt und die korrekte Einwirkung vermittelt, aber vollkommen die nicht vorhandene Durchlässigkeit meines Pferdes ignoriert wird. Diese verbessert sich nämlich nicht, während ich Runde um Runde in gleichmäßigem Trab auf dem Zirkel reite.
So wichtig und richtig ich eine Ausbildung nach den Richtlinien für Reiten und Fahren auch finde, ist es für mich ebenso bedeutend eine Bereitschaft zu besitzen auch mal von der Norm abzuweichen und abseits des Regelwerks nach Lösungsansätzen zu suchen. Nicht jedes Pferd funktioniert nach exakt der selben Anleitung. Und diese charakterlichen oder auch körperlich bedingten Eigenheiten seines Pferdes kann man als Reiter gut akzeptieren, wenn man sich eine gewisse Flexibilität beibehält und auch mal über den Tellerrand hinaus schaut.
Ein weiterer Faktor ist die Motivation. Ich will mich an dieser Stelle nur auf die des Reiters beschränken. Jeder Mensch reagiert anders auf Feedback und Kritik, was stark die eigene Motivation und folglich auch die Leistung beeinflussen kann. Niemand stellt sich einen Reitlehrer in die Mitte um eine Stunde lang zu hören, wie gut man alles macht. Wenn man allerdings immer gesagt bekommt, dass alles was man macht und versucht nicht ausreichend und falsch ist, kann das die eigene Motivation und Leistung stark negativ beeinflussen. Ich zum Beispiel verkrampfe und blockiere mich irgendwann vor lauter Druck, bevor ich dann mental in mir zusammen sacke und keinen Sinn mehr darin sehe es überhaupt noch zu versuchen. Von Spaß sprechen wir dann schon mal nicht mehr. Bei anderen kann die selbe Art von Unterricht zu so viel Entschlossenheit führen, dass sich mit einem Mal der Schalter umlegt. Ich persönlich bin ein Freund sachlicher Kritik und motiviere mich über ein kleines Lob an geeigneter Stelle. Gar nicht mal wenn der Übergang perfekt geritten war, aber wenn eine Steigerung zum letzten Mal erkennbar ist. Frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel.
Für viele sicher ebenfalls sehr wichtig ist der Aspekt Sympathie. Früher war ich sicher, dass Unterricht nicht erfolgreich sein kann, wenn es zwischenmenschlich nicht stimmt. Diese Ansicht habe ich abgelegt, als ich bei einer neuen Reitlehrerin anfing, bei der ich bisher die größten Fortschritte gemacht habe. Sympathisch fand ich sie nicht unbedingt, aber sie konnte mir Inhalte verständlich vermitteln und hat auch das Pferd mit einbezogen.
Wir sehen also – jeder Mensch funktioniert anders und springt auf andere Reize an. Ich habe kürzlich eine neue Reitlehrerin gefunden, deren Unterricht mich innerhalb weniger Einheiten schon voran gebracht hat, die Pferd und Reiter am jeweiligen Ausbildungsstand abholt und zusammenführt, Zusammenhänge erklärt und auch mal ein nettes Wort für mich übrig hat.
Das heißt keinesfalls, dass andere Reitlehrer, deren Unterricht bei mir nicht zum Erfolg geführt haben, schlechte Reitlehrer sind oder ich ein hoffnungsloser Fall bin. Es heißt nichts weiter, als dass wir in diesem Dreiergefüge nicht harmoniert haben. Dafür passt es womöglich mit der nächsten Reitschülerin/dem nächsten Reitschüler ganz prima. Und so findet jeder Topf seinen Deckel.